New York, 1. Mai 2006
Liebe Freundinnen und Freunde !
Viele Monate sind vergangen seit unserem letzten Rundbrief. Jullian
Hensel, Zivildiener aus Hamburg, der die „Newsletter“
regelmässig redigierte und verschickte ist im August 2005 nach
Deutschland zurueckgekehrt und so blieb diese wichtige Informationsplattform
seither auf der Strecke.
Nun, die Ereignisse, die Claudine und ich am 1. Mai auf einer kurzen
Besuchstour zu unserem letztgeborenen Enkelkind in New York miterleben
konnten, haben uns motiviert, nun doch wieder einmal zur Feder zu
greifen, um die Tradition der „Newsletter“ fortzusetzen.
Ich weiss nicht, wie die Medien in Europa über diese mächtige
Migrantenbewegung in den USA berichtet haben, aber es scheint, dass
es die grössten Demonstrationen zum ersten Mai in der Geschichte
der USA waren. 700.000 Menschen in Los Angeles, 400.000 in Chicago,
200.000 in New York,....... Niemals zuvor konnten die Gewerkschaften
nur annähernd gleich viel Leute auf die Strasse bringen. Der
„Tag ohne Migranten“ ursprünglich als Boykott geplant,
um zu zeigen was alles ohne Migranten zum Stillstand kommt, wurde
zu einer gigantischen Demonstration der Stärke, vergleichbar
mit der Bürgerrechtsbewegung gegen die Diskriminierung der
schwarzen Bevölkerung in den 60er und 70er Jahren. Das Heer
der bisher Unsichtbaren, Legionen von Arbeitern der Elektronikindustrie
von Silicon Valley, tausende von Frauen der Textilbetriebe von Las
Cruces, Mechaniker der Autofabriken von San Luis und Chicago, tausende
von Köchen -innen und Servierern -innen der Restaurants von
Newark und Orlando, Lehrer der Schulen von Los Angeles, Spitzenstars
von Baseball und PopMusik, alle waren sie an diesem Tag präsent
und hatten eine Stimme, die nicht mehr zum Schweigen zu bringen
sein wird.
Und es waren nicht nur Mexikaner und Latinos, die hier auftraten.
Nein, da waren auch die Chinesen, Pakistaner, Vietnamesen, Polen,
Russen,....... und viele solidarische US – Bürger auf
der Strasse. Und da ging es nicht nur um die Migrationsgesetze,
da sah man Proteste gegen den Krieg im Irak, gegen den drohenden
Agriff auf den Iran und viele Portraits von Che Guevara.
Etwa 25 Millionen Migranten befinden sich in den USA. Davon ca.
12 Millionen ohne Papiere. Nicht nur dass viele von diesen bei der
illegalen Einreise ihr Leben riskieren, sie sind auch ständigen
Schikanen und Verfolgungen durch die Migrationspolizei ausgesetzt,
müssen schlechte Bezahlung und unmenschliche Arbeitsbedingungen
stillschweigend hinnehmen und haben kaum eine Möglichkeit,
ihre Familienangehörigen während ihres oft sehr langen
Arbeitsaufenthaltes, zu besuchen.
Es ist Zeit, dass sich da etwas ändert. Der 1. Mai 2006 war
ein Auftakt. Neue Aktionen werden folgen. Eine Bürgerrechtsbewegung
ist da in Gang gekommen, total ausserhalb der Strukturen der politischen
Parteien, Gewerkschaften und sonstigen Organisationen.
Von Regierungsvertretern gibt es zunächst kaum Reaktionen.
Sie wissen nicht, wie sie mit dieser „Konspiration der Unsichtbaren“
umgehen sollen. Und gerade sie haben diese Bewegung provoziert.
Die Politik der USA gegenüber Zentralamerika in den letzten
25 Jahren hat zu einer rasanten Verarmung und Polarisierung in all
diesen Ländern geführt. Privatisierungen und Freihandelsverträge
in Mexico liessen die Auswanderungslawine in diesem Land nur noch
ansteigen. Militärische Interventionen wie im Nikaragua der
Sandinisten brachten soziale Umverteilungen, Ausbau des Gesundheitswesen
und Alphabetisierungskampagnen zum Stillstand. Der Migrationsfluss
in den Norden ist ohne Zweifel das Resultat einer total verfehlten,
von Dominanz, Arroganz und Ausbeutung gekennzeichneten Politik der
USA.
(Interessierte, die sich ausführlich über diese Zusammenhänge
informieren möchten empfehlen wir den Artikel von James Petras,
www.rebelion.com).
Liebe Freunde, im Anhang findet ihr noch weitere Artikel: über
die Projektarbeit von Vida Nueva , die Kinderzirkusgruppe in Tierra
Prometida unter der Leitung der Zivildiener Philipp und Tobias,
das Theaterprojekt in Pavones, das Max leitet, Neuigkeiten von der
Finca und von UNAPROA, über die uns Bastian und Dominik berichten,
einen Artikel über die Wahlen in Costa Rica und vieles anderes
mehr.
Wir werden uns anstrengen, den „Newslettern“ wieder
zu einem regelmässigen Erscheinen zu verhelfen.
Roland und Claudine Spendlingwimmer
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