TLC - COSTA RICA NO SE VENDE
Das war eine der Parolen, die an einer überwältigenden Demonstration mit über 100.000 Menschen am 26. Februar in San José, Costa Rica gegen den Abschluss des Freihandelsabkommens mit den USA skandiert wurde.
Sämtliche Vertreter des öffentlichen Lebens haben sich an diesem Aktionstag „para la patria“ zusammengefunden. Drei Oppositionsparteien, die Gewerkschaften, Bauern- und Studentenorganisationen, Vertreter der Kirchen, die Friedensbewegung, Indigene und der Kultursektor.
Es war ein buntes Gemisch, ein Fest mit viel Kreativität. Sogar die buntbemalten, traditionellen Ochsenkarren fehlten nicht im Demonstrationszug.
„Wir werden gezwungen sein, Markenmedikamente der ausländischen Pharmakonzerne einzuführen, statt den „Genericos“, die wir viel billiger hier erzeugen, nein, die wollen unser Gesundheitssystem kaputt machen mit dem TLC“, sagte mir eine Krankenhausangestellte.
Sivia Rodriguez, anerkannte Exponentin für den Erhalt der Biodiversität in Costa Rica und Koordinatorin der Organisation GRAIN, marschierte mit ihrem Mann im Block der Umweltschützer mit: „Unser gesamtes Leben hier in Zentralamerika steht auf dem Spiel, wenn das geistige Eigentum und die Pflanzen und Tiere patentiert werden“, erklärte sie mir zur Frage ihres Engagement gegen das TLC.
Ein Vertreter der Kleinbauern, der ebenfalls die Demonstration unterstützte machte mir seine Motivation für sein Kommen klar: „Die Importe von Nahrungsmitteln aus den USA sind zu 100% subventioniert. Bei uns wird nur der Export gefördert. 3% der Exportfirmen in Costa Rica wickeln 75% des gesamten Exports dieses Landes ab. Das sind die bekannten Firmen , wie Del Monte und Dole für Ananas und Bananen und dann der Kaffee- und Fleischexport. Da bleiben die Kleinbauern auf der Strecke. 80.000 müssen aufgeben, falls das TLC unterzeichnet wird“.
Die „Ticos“, so nennen sich hier die Costarikaner sehen sehr klar die Reichweite des TLC.
Dass es da nicht nur um Handelsabkommen geht, sondern die Souveränität des Staates auf dem Spiel steht, bekräftigte Rodrigo Carazo, Expräsident und führend im Zivilkomitee gegen das TLC an der Abschlusskundgebung vor dem Parlament: „Wir stehen heute vor ähnlichen Herausforderungen, wie 1856 als der damalige Präsident, Juan Rafael Mora gegen den Einmarsch von William Walker und seinen US Freischärlern zum Widerstand aufrief. Die Frage des TLC ist keine arithmetische Frage von 38 Stimmen im Parlament, hier geht es um Costa Rica“.
Auf der improvisierten Bühne vor dem Parlament wechseln sich die Reden von Gewerkschafsführern, Bauernvertretern, Abgeordneten, Musikern und Künstlern ab.Die Polizei hielt sich im Hintergrund. Ruben Pagura, bekannter Sänger und Autor verlas einen Brief an die Ordnungshüter mit dem Aufruf, dass es darum geht, dass auch sie als Bürger dieses Staates auf der richtigen Seite stünden. Ein als Tod verkleiderter Demonstrant umarmte einen Parlamentsabgeordneten, Befürworter des TLC.
Bis in den späten Nachmittag hinein dauerten die kulturellen und politischen Kundgebungen. Es herrschte eine neue Aufbruchstimmung. Trotz Monate langer, guter Vorbereitung dieses Protestes haben selbst die Organisatoren nicht mit dieser Stärke gerechnet.
„Was heute hier abgelaufen ist, stellt nur den Beginn einer langen, intensiven Mobilisierung gegen den Ausverkauf Costa Ricas dar, der Kampf geht weiter, auf den verschiedensten Ebenen“, ist der Tenor der Teilnehmer und Organisatoren.
Den Touristen wird Costa Rica als ein wunderschönes Land angepriesen, mit intakter Natur, politischer Stabilität – und dies alles allen zugänglich. Überall sieht man Schilder mit der Aufschrift: Se vende – for sale.Die Touristeninformation verteilt Prospekte mit
Anleitungen, wie man hier als Ausländer ein Haus,ein Stück Land oder eine ganze Hacienda kaufen kann. Hier würde in eine nachhaltige Entwicklung investiert.
Bei der letzten Regierungsperiode unter Oscar Arias wuchs das Haushaltsdefizit von Costa Rica. Die „ Schweiz Mittelamerikas“ hat eine der grössten pro Kopf – Verschuldungen der Erde. Ein Drittel des Staatshaushaltes geht in die Zinsentilgung derVerschuldung. 75% der Betriebe im Land haben Auslandsbeteiligungen – hauptsächlich der USA.
Da Costa Rica keine Armee hat, wurde noch vor 30 Jahren mehr als 20% der Staatsausgaben in das Gesundheitswesen und die Schulbildung gezahlt. Heute sind es gerade noch 6%.
Die Abwanderung der ländlichen Bevölkerung in die Städte und die Arbeitsmigration vor allem der Männer in die USA und Canada sind Folgen des Vordringen der Agromultis und der Weltbank – Strukturprogramme und tragen zur Verarmung ganzer Bevölkerungsschichten bei. Diese Entwicklung wird durch den TLC noch verstärkt.
Die `` Confraternidad Guanacasteca wehrt sich gegen die Privatisierung der Wasserversorgung ( das in Kanälen abgeleitete Wasser des Arenalsee muss man kaufen – die Kleinbauern können das nicht ) und den Verkauf der Küstenregion. Seit 1977 gibt es ein Küstengesetz, das den öffentlichen Zugang zu diesen wunderschönen Stränden garantiert und die Verbauung näher als 200m zum Wasser verbietet. Schon 40% der erschlossenen Küstenregion ist im Besitz von US-Amerikanern und Europäern – Also nicht mehr frei zugänglich.
Die Multis Monsanto, Bayer und Syngenta sind in Costa Rica sehr aktiv. Sie machen gentechnische Versuche und vermehren hier das Gentech-Saatgut von Baumwolle, Mais, Soja und Reis. Die Kontaminierung der traditonnellen Kulturpflanzen wird dabei nicht verhindert. Das ´´Comité Civico de Cañas fordert ein unbegrenztes Moratorium gegen die Gentechnik.
1983 hat Costa Rica seine Neutralität deklariert. „ Es gibt aber einen Militärstützpunkt der USA und eine Paramilitäreinheit hier. Mit dem TLC wollen sie sogar Waffen hier produzieren“, erzählt mir ein Friedensaktivist von ``Amigos de la Paz. Die USA hatten mit jedem einzelnen mittelamerikanischen Land verhandelt,einen TLC mit ganz Mittelamerika will die EU abschliessen.
Der“ Freie Handel“ soll auch in der europäischen Verfassung als oberstes Gebot erklärt werden.
Die Souveränität der Staaten und der Völker wird immer mehr ignoriert.
Diese Demonstration war gleichzeitig ein Fest, bei dem deshalb so viele Latinos feierten,
weil sie nichts von diesem „freien Handel“ halten und lieber einen eigenen Weg a la Venezuela gehen wollen.
Letzte Meldung: Eine Woche nach der „Marcha“ rufen die Rektorenkonferenz der staatlichen costarikanischen Universitäten den Präsidenten Oscar Arias zum Einlenken und zur Zurücknahme des TLC aus der Parlamentsdebatte auf.
Vor der Gefahr eines grösseren sozialen Zusammenstosses in der costarikanischen Gesellschaft sei es höchste Zeit andre Wege zu suchen. Henry Mora, Repräsentant der Nationalen Universität formulierte es so: „ Es wäre eine Ironie der Geschichte, wenn die Person, die entscheidend in einem zentralmaerikanischen Konflikt zu einer Lösung ( dem zentralamerikanischer Friednsplan 1987) beigetragen hat, heute nicht die Fähigkeit und Weitsicht besitzt dasselbe im eigenen Land zu bewerkstelligen“.
`` GRAIN= Silvia Rodriguez silviar@ice.co.cr
``Asociacion Confraternidad Guanacasteca = confraternidad_gte@yahoo.com
``Comité Cívico de Canas =Ana Julia Arana ajabo@costarricense.cr.
`` Centro de Amigos para la Paz= friends@racsa.co.cr
Jürgen Schröder
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