Petroglyphendokumentation auf der Finca Sonador
Das Gebiet des heutigen Costa Ricas bildete im präkolumbischen
Amerika einen kulturellen Filter zwischen dem mesoamerikanischen
und dem andinen Kulturraum. 1992 entdeckte der Archäologe Michael
J. Snarskis in Turrialba paläoindianische Pfeilspitzen und Steinwerkzeuge,
die für die Phase von 12.000-8000 v.Z. datiert werden. Die ersten
Siedlungsbefunde stammen nach Snaskis und Salgado aus der Zeit zwischen
2.000 v.Z. und dem Beginn der christlichen Zeitrechnung. Das Gebiet
um das General Valley ist die bis heute am wenigsten erforschte
archäologische Zone Costa Ricas. Die ersten wissenschaftlichen Arbeiten
über archäologische Funde in Costa Rica erschienen zu Beginn des
20. Jahhunderts (Hartmann 1901, 1907; Lothrop 1926).
Die ersten Nachrichten über Petroglyphen in Costa Rica geben Bransford
(1884), Hartmann (1901) und Lothrop (1926). Nach Stone finden sich
Gravuren auf kleinen Felsblöcken und einzelnen Steinen verstreut
über das ganze Land (Stone 1948). Am umfangreichsten dokumentiert
sind bisher die Petroglyphen im Gebiet des Río Reventanzón (Kennedy
1968, 1970, 1971, 1973, Bonilla 1974, Acuña 1985).
Eine chronologische, ethnische oder kulturelle Verortung der Gravuren
ist äußerst kompliziert. Krickeberg unterscheidet für Zentralamerika
fünf Stilgruppen von Felsritzungen. Die großflächigen abstrakten
Kompositionen der Region Gran Chiriquí schreibt er dabei aufgrund
ihrer Ähnlichkeit mit Darstellungen im Hochland von Bogotá den Chibcha
zu (Krickeberg 1943). Stone vermutet eine Beziehung der abstrakten
Gravuren Costa Ricas zu Dekors der Camayagua- und Uluaware (Stone
1969) aus Honduras. Nach Strecker finden sich in der Region Gran
Nicoya typische Petroglyphen-designs auch auf Steinsäulen (Strecker
1969). Abstrakte Motive, die den Gravuren im General Valley ähneln,
tauchen in der Talamanca auch auf Heilstäben (urú) der Bribri auf.
Nach Harte wurde in Zentralamerika eine mythische Regengottheit
durch Designes aus Kreisen und Spiralen symbolisiert (Harte 1961).
Viele Autoren vermuten einen Zusammenhang zwischen becherförmigen
Vertiefungen und abstrakten Gesichtsdarstellungen mit dem in Zentralamerika
weit verbreiteten Kopftrophäenkult. Die häufige Lage der Petroglyphen
an Talrändern und Flußläufen spricht für ihre allgemeine Zugänglichkeit
und gegen eine Interpretation als tabuisierte Ritualplätze. Felsmalereien
sind in Costa Rica bisher nicht bekannt geworden. Die Felsgravuren
des General Valley sind in ihrem Bestand durch klimatische Einflüsse
und Brandrodungen gefährdet.
Deshalb widmet sich seit 1996 auf der Finca El Sonador ein interdisziplinäres
Team aus Archäologen, Zeichnern und Anthropologen unter der Leitung
des Vereins Piedras
Vivas e.V. der wissenschaftlichen Dokumentation
und Interpretation der dort lokalisierten Petroglyphen.
Das Projekt realisiert sich in Zusammenarbeit mit dem Museo Regional
de San Isidro und der Nichtregierungsorganisation UNAPROA.
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